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Aylin Yildirim Tschoepe – Eine MANZARA Architekturstipendiatin

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Sie hat Wanderlust im Blut, verkuppelt wissenschaftliche Disziplinen und taucht leidenschaftlich gern in die historischen Schichten eines Stadtviertels ein um den Dingen auf den Grund zu gehen: Lernen Sie die MANZARA Architekturstipendiatin von 2015 kennen…

Angekommen in Istanbul – Die Stadt, in der sich die Kontinente treffen, ist für die nächsten Wochen Heimat und Workspace von Dr. Aylin Yildirim Tschoepe. Das dritte MANZARA Architekturstipendium hat sich eine Frau von Welt eingeladen.

Wanderlust und Wissenschaft

Wurzeln in der türkischen Schwarzmeerregion und Bayern, aufgewachsen in Aschaffenburg, Studium in Deutschland, Türkei, England, Italien und den USA – für Aylin Yildirim Tschoepe scheint Heimat ein temporärer Begriff zu sein. Zuletzt war sie “based“ in Boston. Dort lehrte sie am Wentworth Institute of Technology und der Harvard University am Schnittpunkt der Disziplinen: Architektur, Anthropologie und Urban Studies.

Der regionale Fokus unserer Stipendiatin war und ist die Türkei: Ihre Masterthesis zum Thema Geçekondu, in einer Nacht erbauten Wohnhäusern in Istanbuler Vorstädten, finalisierte sie an der TU Istanbul. Sie forschte weiter zur internen Migration von Stadt zu Land – „Geographies of Return“. Zusammen mit dem MANZARA Architekturstipendium wird Aylin Yildirim Tschoepe nun das weite Feld Istanbul erkunden.

Die Stadt lesen

Ihr Projekt in Istanbul ist interdisziplinär, verknüpft Anthropologie und Architektur. Es macht sich auf die Suche nach dem Spuren von Damals, in einer Stadt, in der die Ruine von Gestern, das Einkaufszentrum von Morgen ist. Der Arbeitstitel „Erinnerungen einer Stadt an ihre Zukunft“ verrät was Istanbuler und Reisende auf jedem Weg durch die Straßen spüren: Hier lagert sich Erinnerung in hauchdünne Sedimente ab. Blickt man hinter die Fassaden, forscht in den Archiven, befragt die Bewohner, erweitert sich die Vielfalt des Ortes. Diese soll umfassender erfahrbar gemacht werden, indem man Erinnerungen verortet. Für die Stadttransformation in Istanbul hat sie die passende Metapher gefunden: räumlicher Palimpsest. Wie in diesem mittelalterlichen Schriftstück, überlagert sich auch im Stadtbild Altes und Neues – es wird ausradiert und überschrieben, abgerissen und umgebaut. Fragmente des Gestrigen bleiben bestehen, doch müssen gedeutet werden. In Istanbul wird aus einem ehemaligen Gefängnis ein schickes Café, Kirchen werden Museen und hinter den blinkenden Schildern des Souvenirshops findet man armenische Kirchen: das Echo der Vergangenheit in der Metropole von Heute.

Heute ist Morgen schon Gestern

Aber Geschichte braucht keine 100 Jahre. Urbane Transformation bahnt sich seine Wege ständig. Jede politische wie soziale Bewegung tätowiert seine Zeichen in die raue Haut des öffentlichen Raums. Wo heute noch ein frei zugänglicher Fischmarkt war, ist vielleicht bald ein privater Gebäudekomplex bemalt mit Contra-Graffiti. Für ihr spannendes Forschungsprojekt, recherchiert Aylin Yildirim Tschoepe in Kartenarchiven und direkt im Feld, führt Interviews. Während Archiv- und History Design Phasen wird sie tatkräftig von ihrem Mann Dominic Tschoepe unterstützt. Das Ziel ist es einen Raum zu schaffen, in dem Geschichte und Manifestationen von Heute und Gestern nebeneinander gestellt werden können. Zusammen mit lokalen Wissenschaftlern und Künstlern arbeitet sie bereits an der Ausstellungsform sowie einer Workshop Reihe.

Photo: Dominik Tschoepe

Das MANZARA Architekturstipendium existiert seit 2013 und will Architekten und Bauplaner eine fachliche Entdeckungsreise nach Istanbul ermöglichen. Während ihrer Zeit bei MANZARA leben Stipendiaten in einem Wohnatelier in Galata.